Hallo zusammen!
Der Frühling ist da und pocht mit guten Temperaturen und blauem Himmel an unsere Tür. Wir wollen wieder Sonne, auftanken und raus aus dem nasskalten Mistwetter!
Bitte sehr. Da sind wir.
Und heute mit ein paar Gedanken zum Thema Country-Western-Rock Musik. Wer hätte das gedacht, dass ich dazu mal was schreiben werde… ?!
Verantwortlich dafür ist die Serie „Yellowstone“ mit Kevin Costner in der Rolle eines Ranchers der xten Generation, der sein Land und die (Familien-) Traditionen und -werte versucht zu wahren. Im Netz wird die Serie als Neo-Western deklariert. Am Ende ist es ein Drama im klassischen Sinne mit herausragenden Qualitäten in Kamera, Schauspiel und Story.
Ich bin jemand, der Spielfilme mag: klarer Anfang, eine überschaubare Länge und Ende.
Ich werde schnell serienmüde. Selten schaffe ich es über 2 Staffeln hinaus und verliere oft die Lust. Bei Yellowstone war ich spätestens nach der zweiten Folge der ersten Staffel überzeugt. Ehrlich gesagt: ziemlich begeistert.
Und jetzt hänge ich – wie viele – am Ende der 5. Staffel in Folge 8 und erwarte sehnsüchtig die letzten beiden Folgen. Im November ´24 soll es soweit sein.
Die Streiks der Filmschaffenden in Amerika haben den zeitlich passenden Release der letzten Folgen vermasselt. Ein ungewollter Cliffhanger.
Kevin Costner wird als John Dotton wie verschiedener Interviews und Berichte im Netz zu entnehmen ist, nicht mehr in Erscheinung treten in den letzten Folgen. Was genau los war und welche Motive zu dieser Wendung geführt haben, liest sich lediglich interpretatorisch und lässt sich nur puzzleartig zusammenfügen. Ich persönlich find's schade, weil ich ihn gemocht habe in der Rolle.
Vertreiben tun sich viele Anhänger der Serie die Zeit jetzt mit eifrigem Googlen und Recherchieren über den nächsten Urlaub am Originalschauplatz der Serie; Montana am Rande des Yellowstone Nationalparks oder sie sind neugierig, was die Darsteller für Klamotten tragen. Es gibt im Netz dazu bereits entsprechende Seiten, die sich ausschließlich mit den Kleidermarken der Schauspielergarderobe aus jeweiligen (Kult-) Serien und Filmen befassen. Woher ich das weiß? Na ja, ich hab halt auch recherchiert.
Zum weiteren Zeitvertreib können wir die Prequels „1899“ und „1923“ zur Serie schauen. Hier wird die Familiengeschichte der Dottons vor Costners Auftritt las John Dotton in der eigentlichen Serie verarbeitet. Auch ich vertreibe mir die Zeit gerade mit „1923“. Mehr schlecht als recht. Mir gefällt „1923“ weniger gut. Ford schafft es nur selten über sein Indy-Gesichtsausdruck und die knautschgesichtig wirkende Mimik hinaus. Ich mochte ihn sehr als Indy und Han Solo und vielleicht noch in dem einen oder anderen Politthriller der 90er. Ok. Als Dotton passt er mir nicht. Zusätzlich wirkt „1923“ unnötig brutaler, blutiger und einige Szenen und Handlungen erscheinen doch recht affektiert oder konstruiert. Die Afrikathematik könnte auch ein Hercules Poriot Plot sein und einige dieser Bilder sind einfach zuviel CGI. Überflüssig.
Am Ende ist es vielleicht wie so oft: Nachfolger einer Erfolgsreihe haben es schwer und reichen nur selten an den Vorgänger heran.
Wie gut, dass es da das weite Feld der Musik noch gibt!
Country und Western. Mal melancholisch, weit wie das Land, bluesig, mal rockig und treibend. Immer mit dem sinnbildlichen Berg im Rücken und dem weiten Land vor dem geistigen Auge.
Ich habe die Musik erst ab der 3. oder 4. Staffel bewußter wahrgenommen. Vorher war sie wohl da und hat jede Szene mitgetragen. So wie wir es von Musik im Film im Mindestmaß gewohnt sind.
Später dann habe ich wohl genauer hingehört und bei zwei Nummern ist mir die Melodie tatsächlich hängengeblieben und … Streamingdienst sei-dank habe ich gleich die entsprechende Playlist zur Serie gefunden. Dort sind sowohl die teils spährisch-atmosphärischen Titel von Brian Tyler, dem Soundtrackkomponisten, als auch Titel prominenter Country- und Westernstars zu finden.
Sogar die Rolle des Walker gespielt von Ryan Bingham wurde mir durch seine Musik sympathischer. Bingham spielt in der Serie einen Cowboy, der nach Jahren der Haft im Knast wieder entlassen durch die Prärie irrt und auf die Cowboys der Dottonranch stößt. Er wird festes Mitglied der Ranchcowboys. Ich habe ihn erst als nervig-störenden Charakter erlebt. Er brachte eine Zeit lang eine gewisse Störung in die Gruppe, war durch sein Wirken und Auftreten beinahe eine Bedrohung. Von den Filmemachern und Sheridan, dem Autoren, vermutlich ein beabsichtigt angelegtes Gefühl.
Beim Hören von Binghams Musik, denn der Darsteller ist eigentlich ein bekannter Musiker, veränderte sich mein Bild von ihm und seiner Rolle in der Serie. Und natürlich etabliert sich der ziellose Wanderer (Walker) im Laufe der Serie mehr und verdient sich so seine Sporen bei den Zuschauern.
Da wir gerade dabei sind: Gator, der Hauskoch der Dottons ist in Wirklichkeit tatsächlich Koch. Die junge, mehrfach ausgezeichnete Country Sängerin Lainey Wilson spielt sich in der 5. Staffel quasi selbst: sie tritt mit ihrer Band immer wieder in Festivalszenen auf und erhält eine kleine Nebengeschichte, die sich in mehreren Folgen aufbaut.
Mir gefällt die Echtheit darin und es trägt seinen Anteil zum Mythos des Bildes vom „aufrichtigen Cowboyleben“ bei.
Der allgemeine Erfolg der Serie ist interessant angesichts der globalen welt- und klimapolitischen Ereignisse. Ist es Eskapismus, also das sich Wegmachen in eine scheinbar heile Welt? (Ist sie übrigens in der Serie alles andere als das! Also ist diese These schon mal widerlegt. Immerhin stehen in der Serie Tourismus und die Industrie für das gezeichnete Böse in der Welt der Rancher Montanas).
Kritiker werfen der Serie weiterhin Trumpismus und reaktionären Rechtspopulismus vor. Die Dotton Familie stehe für das Alte und löse Probleme lediglich mit Gewalt und Waffenrecht. Große Worte, zu engstirnig gestrickt und zu wenig zu Ende gedacht, wie ich finde.
Die Belange der First Nations stehen doch ziemlich weit im Vordergrund in der Serie. Untypisch für Trumpisten.
Die Rolle der Frau wird durch die versch. Figuren der Serie in den verschiedenen Erzähl- und Spielebenen charakterstark, selbstbewusst und als durchsetzungsfähig im rauen Klima des vermeintlich männerdominierten Milieus dargestellt. Und das auf versch. Ebenen ziemlich treffend und vor allem mitreißend. So entstehen echte Typen und nicht bloß stereotype Männer- oder Frauenpappaufsteller in Lebensgröße.
Besonders intensiv erzählt gestaltet sich die schicksalhafte Biographisierung einer der weiblichen Hauptfiguren. Stück für Stück, Folge für Folge wird die Dramatik hinter der Biographie immer deutlicher und dem Zuschauer die Tragweite einer in Jugendjahren aus der Not und Ohnmacht übereilten und missglückten Abtreibung deutlich. Hier geht es um die großen Themen „Schuld und Schutz“, um „Vertrauen“ und leichtsinnigen oder unbedarften „Missbrauch“ des Selbigen.
Zugegeben, Woody Guthrie hätte mit seinem Song „This Land …“ bei John Dotton wenig Gehör gefunden. Und so gesehen wirkt die Szene mit den Touristen aus Japan (Gegenwartsmetapher) und dem auf seinem Land mit dem Gewehr drohenden Dotton (Anachronismus) durchaus treffend und kritisch in der Betrachtung des alten Landadels. Wie zeitgemäß und vertretbar ist der Besitz solcher Ländereien noch in Zeiten der Globalisierung, Überbevölkerung, des Hungers und der Nöte?
Am Ende ist es sicherlich auch einfach der Reiz der Freiheit, der ehrlichen, aufrichtigen Arbeit, einer Tätigkeit, bei der Du Dich am Abend auch spürst, was uns versunken und mitgerissen zugleich hinschauen lässt und uns begeistert. Cowboyromantik also? Ja!
Und Costner bringt dieses Gefühl mit all seinen Facetten, Höhen und Tiefen, Genüssen und Opfern treffend rüber. Und nochmal: es ist nicht alles gut, das Bild vom Wilden Westen wird hier weder verklärt, noch überromantisiert.
Dieser Blog ist weiß Gott kein Westernanalyseversuch und ich sicherlich kein Pro auf diesem Feld. Gleichwohl zähle ich zu jener Sorte Mensch, der schon als kleiner Junge ganz gut was übrig hatte für den sogenannten wilden Westen. Piraten fand ich auch toll (maritimer Bezug und so). Aber Western begeisterten mich als kleiner Steppke mehr. Lucky Luke, Bud Spencer und Terence Hill, Playmobil, usw.
Später waren es die Westernfilme. Die Klassiker. Abends zusammen mit meinem Vater im Spätprogramm. John Wayne, Burt Lancaster, Yul Brunner und später dann – ohne meinen Vater – Clint Eastwood.
Western habe ich, wenn ich das richtig erinnere, nie ganz aus dem Auge verloren. Immer wieder gern: Die etwas skurril-spröde Neuauflage von „Tue Grit“ mit Jeff Bridges, der speziell gezeichnete und erzählte „Dead Man“ von Jim Jarmusch, „Erbarmungslos“, und natürlich „Der mit dem Wolf tanzt“. Und viele, viele mehr.
Kurzum: Kommt ein neuer Western: ich bin dabei! Das dazu.
Die Musik dahinter war für mich lange Jahre ein schlichtes notwendiges Beiwerk. So wie die braune Plörre in den kleinen Shotgläsern im Saloon. Die Musik gehört dazu, trat aber nie bewusst in den Vordergrund für mich.
Jetzt sehe ich diese Serie und entdecke eine neue Welt der Musik mit einer ganz eigenen Erzählästhetik. Etwas ist vertraut in dieser Musik für mich. Etwas, was ich sonst im Blues und Jazz finde. Etwas Ehrliches, Pures und der ursprüngliche Ausdruck von Freiheit und Abenteuer. Jazz ist auch ein Abenteuer. Nicht nur musiktheoretisch. Auch historisch und politisch ein wilder Ritt durch Gesetz und Menschenrecht.
Die Serie schafft durch ihre Bildgewalt zusammen mit der Musik ein starkes Gefühl der Verbundenheit mit den Themen der Protagonisten, der Natur und Umgebung und erzeugt ein fesselnd-verbundenes Gefühl der Zugehörigkeit des Zuschauers zum Thema.
Die Playlist
Meine persönliche Playlist zur Musik von Yellowstone spiegelt meine ersten Gehversuche in Sachen Western&Country wider und ich stelle fest, dass es sowohl die sinnlich-melancholischen als auch die kraftvollen rockigen Nummern sind, die mich gleichermaßen abholen.
Ich mag die Musik von Lainey Wilson. Tolle und eingängige Melodien. Alles mit einer frischen Portion Pop. Geht voll ins Ohr. Cody Johnson wirkt manchmal nen bischen hölzern und manchmal gleicht das eine dem anderen Stück in Song- und Melodiestruktur. Ich mag es trotzdem. Vielleicht genau deshalb.
Cowboys bewegen sich halt mal staksig und ungeschickt im Denken und Handeln. Sympathisch.
Schöne Steelguitars und Banjopassagen, die gaile breite Aussprache mit ner klaren Message: das ist unser Leben. Das sind wir!
Bei „What Cowboys do“ ist das so. Eine schön plakative Story vom Cowboydasein. “Schaut her: darum geht’s. Noch Fragen?“
„Cover me up“ war eine der ersten Nummern, die mir direkt aus der Serie beim Anschauen hängen geblieben sind. Deshalb ist dieser Song in meiner Playlist gelandet. Für mich ist dieser Song „Yellowstone“. Auf „All i see it’s you“ von Shane Smith & the Saints trifft es ebenso zu.
Die Marcus King Band kannte ich tatsächlich auch schon vorher. Da war es „Rita is gone“. In der Serie ist es „Welcome ´round“. Gaile Stimme und die Hornriffs gefallen mir.
„Last of my kind“ ist melancholisch und thematisiert so gewissermaßen Dottons Kampf um’s Überleben und das Aufrechterhalten einer (Familien-) Tradition.
„Ain’t much left of me“ rockt, der Gitarrensound erinnert an Jimmy Page und Led Zeppelin und hat eine schöne Melodie im Refrain. Dieser Song steht stellvertretend für die vollen mehrstimmigen Gesänge, die im Country-Western gern mal satt verwendet werden und das Gefühl von Zusammenhalt und Stärke vermitteln.
Ryan Binghams Stimme in „My Diamond is too rough” kratzt sich rauh und roh durch die Gefilde der Selbstbetrachtung von sich in Bezug zur Welt. Die Stimmung des Songs hat wieder was Melancholisches und doch klar Eindeutiges: so ist es, so bin ich! Was soll ich machen?
Die gesamte Playlist für jeden einzelnen Song hier durch zu besprechen führt zu weit, wird der Musik wenig gerecht – sie spricht für sich. Hört einfach mal rein!
Yellowstone – Die Message
Weiter oben hab ich bereits damit begonnen und jetzt am Ende versuche ich nochmal nen runden Abgang mit einer subjektiven und von Außen betrachtenden Einschätzung zur Wirkung von Country- und Westernmusik und dem Plot von „Yellowstone“ im gegenwärtigen Kontext unserer Zeit.
Country- und Westernmusik, ob rockig, roh, rau oder melancholisch und bluesig hat etwas Verbindendes und Zusammenhalt-Ausrufendes. Dieses Gefühl erzeugen zum Beispiel die mehrstimmigen Vocals, die kräftig-markigen Riffs und natürlich auch die textlichen Aussagen bei mir.
Die Musikrichtung benennt sich selbst, erklärt und schildert das Dasein als Rancher, Cowboy, Rodeo Reiter oder die Beschwerlichkeiten und Vorzüge des Farming Life.
Country- und Western betitelt die Aspekte des ländlichen Daseins und dem Leben im Rhythmus mit Natur, Tier und Umwelt und wirkt bei allem Anschein von Anachronismus doch passend-ehrlich und schafft uns trotz der schier unendlichen Weite des Landes eine gewisse Überschaubarkeit.
In der Wikpediarezeption zur Serie steht:
„Yellowstone‘ gilt dem Feuilleton als Rednecksaga für Trumpfans. Das ist dumm, die Serie bietet viel mehr. Sie hat die stärksten Frauen- und Indianerrollen der Branche. […] Im Umgang mit den Indianern wühlt ‚Yellowstone‘ den ganzen Schmutz der US-Geschichte auf. […] In ‚Yellowstone‘ gibt es keine Frau am Herd […] die Frauen sind derb und aus Stahl.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Yellowstone_(Fernsehserie)#cite_note-38)
Nach den ersten Folgen erschien mir die Serie ein bischen wie ne Mischung aus Dallas, Denver Clan und Cowboyfilm. Raubeinig, intrigant, gemein und den amerikanischen Traum betitelnd.
Letzteres ist vielleicht genau Sheridans Ansinnen. Die verschiedenen Geschichten und Erzählebenen der Serie setzen sich mit dem bröckelnden Image des American Dream auseinander. Wenn die Investoren aus New York und Los Angeles nach Montana kommen, um Flughäfen und Golfplätze mit großen Hotelanlagen auf dem weiten, wilden Land zu bauen, findet eine Demontage des Traumes von Freiheit und den mit dem American Dream assoziierten Themenfeldern statt. Allein der ursprüngliche Gedanke der Chancengleichheit erscheint unter den Zeichen der Sklaverei, des Rassismus gegen Hispanics und die klaffende Schere der ökonomischen Situation geradezu paradox.
„Yellowstone“ bezieht dabei wohl sämtliche politische und gesellschaftliche Ebenen mit ein und keine von ihnen kommt wirklich gut dabei weg. Sheridan hält Republikanern wie Demokraten, Liberalen wie Rechten und Linken gleichermaßen den Spiegel vor und verdeutlicht damit vielleicht die scheinbar unauflösbare Widersprüchlichkeit unserer Zeit.
Schließlich stehen Country und Western auch für Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Tradition.
Es geht um die Auseinandersetzung mit den zeitlosen und widersprüchlichen Dauerbrennerthemen „Freedom & Shelter“.
Dabei belasse ich es und sage tschüss für heute!
Nachtrag:
Angeregt durch die Musik aus Yellowstone und Tips von Freunden bin ich im Streamingdienst weiter eingetaucht und habe mit einer zweiten Playlist "Country&Western" begonnen. Danke!
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