The Return of the Space Cowboy - Jamiroquai


Photo: Kai
Photo: Kai

Die Liste der Acid Jazz Bands ist lang. Die wohl Geläufigsten sind Formationen wie Incognito, Brand New Heavies und na ja, eben Jamiroquai.

Eines haben die drei gemeinsam: sie stammen ursprünglich von dieser Insel mit ihrem König, all dem Bier, Fußball und na ja, einer schier endlosen Musiktradition.

 

Jamiroquai traten ungefähr ´96 in mein musikalisches Blickfeld; unmittelbar nach den ersten Soul- und Funkgehversuchen mit Maceo und James Brown. Meine Wurzeln liegen klar im Rock und Metal. Vielleicht mit nem bischen Pop. Aber im Großen und Ganzen beherrschten damals verzerrte Gitarren, opulente Drumsets, lange Haare, Nietengürtel und enge Röhrenjeans meinen musikalischen Kompaß.

Als Bassist kommst Du am Ende des Tages allerdings an dieser stark rhythmischen, grooveorientierten Musik einfach nicht umhin. So ging's mir dann auch. Da ich eh wie ein Schwamm funktionierte zu dieser Zeit und mir Konventionen und Standesdünkel schon immer schleierhaft waren, bestand für mich aus musikalischer Sicht kein Widerspruch zwischen meinen musikalischen Wurzeln und meinem Blick mit dem Ohr in Richtung Groove, Soul und Funk.

 

Mit Maceo war es mein Schulkollege und späterer Basslehrer Michael, der mich auf die Musik Maceos brachte. Es war im Unterricht, als er eines Tages "Life on Planet Groove" auf das Notenpult legte. "Hier, hör da mal rein. Der hat damals bei James Brown das Horn gespielt."

Und so geht das mit einigen Bands, Freunden und Verknüpfungen vom eigenen Lebensumfeld mit Musik. Gute Wegbegleiter bringen Dich weiter und ziehen den Horizont auf.

Bei Jamiroquai habe ich zwar zahlreiche, bunte Erinnerungen um diese Zeit herum, kann jedoch keine initialgebende Person mehr mit dem Album verbinden.

Es waren wohl die Sommerabende im Stadtgarten, stundenlange Aufenthalte in Knoops Park an der K-Park Eiche zusammen mit Freunden und Wegbegleitern.

Vielleicht war es aber auch wieder der Kontakt zu Matthias, dem Trompeter und Schulfreund der SEK II, der mir die Band nahelegte. Matthias war für für so einiges verantwortlich, was mich musikalisch in Neubeschäftigung brachte in der SEK II Zeit: Moloko, Jamiroquai, New Power Generation (Exodus), Brand New Heavies, Incognito, The Roots, ...

Danke, Dude!

 

Anyway, es wurde eben dieses Album, was den Weg in mein Herz fand. Das Debutalbum der Band fand erst viel später nach "Travelling without Moving" den Weg in mein Ohr. "Emergency on Planet Earth" ist auch ein klasse Album mit einem gelungenen Mix aus Electro, Fender Rhodes, Horns und schönen, tragenden bis treibenden Rhythmen. Es klingt alles noch sehr nach Liveband, nach handgemacht und schon traditionell nach einer Band eben. In "Travelling..." machen sich Jamiroquai schon auf in Richtung Drumcomputer, Disco, fette Produktion und Loudnessattitüde.

 

Der Space Cowboy liegt so schön dazwischen. Ich mag den Sound, die Produktion, die Bandarrangements und den klasse gelungenen Stilmix aus harten Hammergrooves wie bei "The Kids" oder "Scam" und den ruhigen, aber nicht minder tragenden Groovenummern wie "Mr. Moon" oder "Journey to Arnhemland".

 

Natürlich war es die Titelnummer, die mich damals gefangen nahm. Das ging Vielen so in meinem Unmfeld und auf Parties oder in der Disse stand der Space Cowboy als catchy Popnummer weit oben auf unserer Wunschliste.

Mit seinem Bassgroove, der einfach voll in die Beinen geht, den zurückhaltenden Drums (Begleitung in feinen Nuancen: achtet mal auf die Hi-Hat) und der fesselnden Rhythmik und Atmosphäre der Vocals ist "Space Cowboy" eine ziemlich zeitlose und nach wie vor extrem tanz- und hörbare Nummer. Der Aspekt der Zeitlosigkeit läßt sich wohl auf das gesamte Album übertragen.  

Es waren Sänger und Bassist, die mich mit ihrem Gefühl für Groove und Stimmung in den Bann zogen. Ich merke, dass das bis heute so ist. Schön!

 

Ich verlor später ziemlich flott das Interesse an den nachfolgenden Alben der Band und kann das zeitlich genau datieren: es war der Moment, als Stu Zen die Band verließ. Der blieb drei Alben bei der Band und verließ sie während der Aufnahmen zum vierten Album "Syncronized". Den Aussagen im Netz ausgerechnet wegen Unstimmigkeiten mit dem Sänger, demjenigen, der für mich neben Stuard Zender der wichtigste stilgebende Teil der Band war. Vielleicht war es Jay Kay, der durch sein - sagen wir mal - Charisma, die Unstimmigkeiten provozierte. Immerhin klappte es für ihn damals bereits bei den Brand New Heavies schon nicht. Für die Geburt Jamiroquais ein Segen. Durch das Scheitern bei den Heavies konnte eine neue Band aus der Wiege gehoben werden.

Ganz ähnlich wie bei Megadeth und Dave Mustain. Der musste Metallica wegen seiner Eskapaden verlassen. So konnte Megadeth entstehen. 

 

Mein heimliches Lieblingslied auf dem "Space Cowboy"-Album war und ist "Manifest Destiny". Logo, wird es schließlich durch eine wunderschöne Bassmelodie als Thema maßgeblich getragen. Textlich setzt sich die Nummer mit dem Dauerbrennerthema Minderheiten und Kulturenteignung auseinander.

Das Saxsolo mit dem Hornarrangement im letzten Viertel der Nummer hat Big Bandcharakter. Der Song erhält in diesem Teil etwas Erhabenes, Schönes und Würdevolles. Eine passende wortlose Ergänzung zur Message des Songs.

 

An dieser Stelle zeigt die Band, dass es ihr neben Tanzbarkeit und Partyfeeling auch um kulturelles Bewußtsein geht. Das Netz verrät, dass sich Jay Kay nicht bloß buchstäblich mit Feder schmückt (schaut Euch die ausgefallene Kleidung an), sondern für die Kultur der Irokesen (Iroquois) ein tieferes Interesse zeigt.

 

Jam + Iroquois = na... ? :)

 

Als erstes soziopolitisches Statement gilt "When you gonna learn" und wenn Du genauer hinschaust, dann zieht sich die Message wie ein roter Faden bis in die aktuellen Alben durch: Jamiroquai bewältigen den Spagat zwischen positiven, antreibenden Grooves & Vibes und einer ernsten Message. 

 

Ich habe weiter oben gesagt, dass mich das Interesse an der Band nach dem dritten Album verließ. Beim Schreiben höre ich eben in das letzte Album der Band und bin hin&hergerissen. Mir ist das zu elektronisch, zu plastik und künstlisch und aufgeregt. Andererseits sind die Titel fett produziert, die Sounds und kleinen Samples großartig (ein-) gesetzt und es gibt hier und da wieder diese griffigen Hooks. Die Band hat sich entwickelt. Soll ich ihr das zum Vorwurf machen?

Das wäre wohl eine gewaltig mißverstandene Haltung zum ursprünglichen Wesen von Musik und Kunst.

 

Trotzdem: ich mag die akustische Version von Jamiroquai mehr.

 

"The Return of the Space Cowboy" hat mich musikalisch in meiner "Basswerdung" stark geprägt, mein Grooveverständnis geschärft und das Album bindet unzählige, persönliche Erinnerungen und Erlebnisse aus meiner Jugendzeit.

 

Danke, Jamiroquai!



Einige von Euch haben vielleicht ein bischen auf den zweiten Teil der musikalischen Sozialisation gewartet. Der ist in der Mache und reift noch etwas. Kommt, keine Sorge!

 

Cheers!

Kai


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